Alles begann hier im Jahr 1818 mit der Hochzeit von Nicolas François Billecart und Elisabeth Salmon, die den Grundstein für die Entstehung des Champagnerhauses legte. Es handelt sich um eine echte Familiengeschichte, denn auch Elisabeths Bruder Louis Salmon, der ein echter Weinliebhaber war, wurde mit in die Weinherstellung einbezogen. So strebte jedes Familienmitglied seit sieben Generationen danach, die Familientradition fortzuführen und dabei das unveränderte Motto einzuhalten: „auf Qualität setzen und nach Exzellenz streben“.
In den 50er-Jahren führte das Haus einen Vorklärungsprozess sowie die Verwendung von Edelstahlbehältern für eine längere Gärung bei niedriger Temperatur ein, um somit die Qualität der Weine zu optimieren. Die Kellerei konzentriert sich hauptsächlich auf kleine, wärmeregulierte Behälter (47 Hektoliter), die es ermöglichen, die Rückverfolgbarkeit der Rebsorten und Parzellen sicherzustellen. Diese Weinbereitung nach Weinberg und Rebsorte sorgt dafür, dass sämtliche Nuancen der Ausdruckskraft des Anbaugebiets erhalten bleiben. Durch das Keltern bei niedriger Temperatur verlangsamt sich der Gärungsprozess, was luftige und delikate Aromen sowie den reinen Ausdruck der Frucht begünstigt. Ein echtes Markenzeichen des Stils von Billecart-Salmon.
Auf die zwei Weinkeller des Hauses verteilen sich jeweils 400 kleine Fässer sowie 24 große Lagerfässer. Jedes Fass wurde sorgfältig ausgewählt und angefertigt, um die aromatische Reichhaltigkeit und Komplexität der Weine zu offenbaren. Getreu seinem Stil und Savoir-faire, keltert Billecart-Salmon bei niedriger Temperatur, damit die charakteristische Frische und Eleganz seiner Champagnersorten bewahrt wird. Um eine kontinuierliche Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten, wird jede Parzelle einzeln gekeltert. Diese Expertise und die altüberlieferte Weinbereitungsmethode in Kombination mit der Weinherstellung in Edelstahlbehältern gewährleisten die für Billecart so typische Eleganz.
Die Kreidekeller reichen bis ins 17. und 19. Jahrhundert zurück und hüten die wertvollen Tropfen des Hauses. Mit der Zeit gewinnen die Weine an Ausdrucksstärke und die Aromen entwickeln sich mit der Finesse, dem Gleichgewicht und der Eleganz, die für den Champagner des Hauses so typisch sind. Champagner ohne Jahrgang entwickeln ihre Aromen innerhalb von drei bis vier Jahren in vollem Umfang, was zweimal länger als der für dieses Prädikat vorgegebene Zeitraum ist. Millésime-Cuvées benötigen dagegen zehn Jahre, bis sie ihre volle Reife entfalten. Lassen wir also die Zeit arbeiten, denn dies ist es, was die Vorzüglichkeit des Champagners von Billecart-Salmon ausmacht.
Artikel von Armin Diel:
Champaagne Billecart-Salmon, Mareuil - Das etwas andere Champagnerhaus ist für große und sehr große Überraschungen gut
Im Frühjahr 1999 war die Einladung des schwedischen Champagner-Gurus Richard Juhlin gekommen, für eine große Blindverkostung Flaschen nach Stockholm zu schicken. Gemeinsam mit weiteren Geschmackskoryphäen hatte er sich nicht weniger zum Ziel gesetzt, als aus insgesamt hundert Weinen den “Champagner des Jahrhunderts” auszuwählen. Zur Überraschung der hochkarätig besetzten Jury landete am Ende des dreitägigen Verkostungsmarathons in der Villa Pauli aber keiner der vermeintlichen Favoriten auf den vorderen Plätzen, sondern zwei Prestige Cuvées der Jahrgänge 1959 und 1961, beide von Billecart-Salmon.
Die Geschichte des Champagnerhauses Billecart-Salmon beginnt mit der Vermählung von Nicolas François Billecart und Elisabeth Salmon. Gemeinsam mit deren Bruder Louis gründete Billecart im Jahr 1818 eine Firma, zu der seinerzeit vierzehn Hektar bester Weinberge in Mareuil-sur-Ay, Chouilly und Chigny-les Roses gehörten. Als Nicolas François Billecart im Jahr 1858 starb, übernahm sein Sohn Charles die wirtschaftlich angeschlagene Kellerei. Der Vater hatte in Amerika, wohin er einen Großteil seines Champagners verkaufte, viel Geld verloren, man spricht von hunderttausend Gold-Francs! Charles Billecart verlegte seine Aktivitäten nun in erster Linie auf den heimischen Markt und konnte die im Ausland aufgelaufenen Schulden schon bald kompensieren. Wie vor der Krise lag die jährliche Produktion nun wieder bei einhundertfünfzigtausend Flaschen. Als Charles Billecart 1888 starb, erbte der älteste Sohn René alle Weinberge, während sein Bruder Pol das Champagnerhaus und die Markenrechte erhielt. Die einzige Tochter Juliette bekam die verbliebenen Immobilien des Vaters und heiratete später den Bankier Lucien Roland.
Pol Billecart war also der neue Chef von Billecart-Salmon; er nutzte die Weinberge seines Bruders René, mit dem er sich aber nicht sonderlich vertrug. Als Pol Billecart es im Jahr 1911 ablehnte, dem Bruder die Weinberge abzukaufen, verscherbelte René die Rebflächen an Dritte und zog sich aus den Weingeschäften zurück. Pol Billecart starb 1917 kinderlos, was seine Witwe Jeanne zur Alleinerbin machte. Im letzten Kriegsjahr bot sie ihrem Neffen Charles, Sohn von Lucien Roland und Juliette Billecart, die Partnerschaft in einer Personengesellschaft an. Sie behielt sich zwar den größeren Anteil vor, dafür sollte der Neffe aber alleiniger Verwalter des Champagnerhauses Billecart-Salmon werden und auch die Markenrechte bekommen. Als Charles wenige Monate später nach Mareuil kam, war das Anwesen durch den Krieg ziemlich gezeichnet, und in den Kellern befand sich keine einzige Flasche Champagner mehr. Er musste also buchstäblich bei Null anfangen. Auch um seine Abstammung aus der Billecart-Linie zu bekräftigen, ergänzte Charles Roland anlässlich seiner Hochzeit im Jahr 1921 seinen Namen um den seiner Mutter. Die Geschäfte entwickelten sich prächtig, woran nicht einmal der Zweite Weltkrieg etwas zu ändern vermochte. Bei seinem Tod hinterließ Charles Roland-Billecart 1963 ein prosperierendes Unternehmen, das dreihundertfünfzigtausend Flaschen im Jahr absetzte.
Die Leitung des Champagnerhauses übernahm sodann der älteste Sohn, Jean Roland-Billecart, der mit seinem Vater schon zehn Jahre zusammengearbeitet hatte. Als er Billecart-Salmon 1992 seinem Sohn François anvertraute, war die Jahresproduktion auf stattliche sechshunderttausend Flaschen angewachsen. Bis zum heutigen Tag ist der einundneunzigjährige Seniorchef noch Vorsitzender des Aufsichtsrats von Billecart-Salmon.
In den vergangenen Jahrzehnten gab es zwar verschiedene Minderheitsbeteiligungen von familienfremden Investoren, aber in das Tagesgeschäft hatten die sich deshalb noch lange nicht einzumischen. Als der langjährige Teilhaber, die Schweizer Familie Erb, im Jahr 2003 in die Insolvenz ging, kaufte der französische Unternehmer Jean-Jacques Frey ein Jahr später deren fünfundvierzigprozentigen Billecart-Anteil, ohne die Roland-Billecarts darüber zu informieren. Der neue Teilhaber war ihnen dennoch willkommen, vor allem weil er eine prächtige Mitgift von sechzig Hektar bester Weinberge einzubringen hatte: Durch den Kauf des Champagnerhauses Ayala in Ay hatte Frey diese Parzellen erworben, bevor er die Marke und die Kellereigebäude an Bollinger weiterreichte. Gegenstand des Deals war übrigens auch das zauberhafte Château de Mareuil am Ufer des Marnekanals. Wo einst der Ayala-Besitzer René Chayaux residierte, empfängt heute der Multiunternehmer Frey, unter anderem Gründer der Elektronikkette Darty, seine Gäste. Nebenher hatte sich Frey übrigens erfolglos um den Kauf des Champagnerhauses Jacquesson in Dizy bemüht, während er in anderen Weinbaugebieten des Landes fündig geworden war: Heute gehören so bedeutende Häuser wie Château La Lagune im Bordelais und Jaboulet Ainé im Rhônetal zu seinem inzwischen stattlichem Weinimperium, das von seiner Tochter Caroline geführt wird. Ungeachtet dessen hat die Familie Roland-Billecart nach wie vor allein das Sagen im Haus. Während zur jährlichen Hauptversammlung neun Repräsentaten der Billecart-Familie erscheinen, tritt mit Céline Le Gallais-Frey nur eine Vertreterin der Familie Frey auf. Unter dem Vorsitz von François Roland-Billecart wird das Tagesgeschäft insbesondere von seinem jüngeren Bruder Antoine und dem kaufmännischem Direktor Alexandre Bader erledigt.
Als François Roland-Billecart die Geschäfte im Jahr 1992 übernahm, ging es mit der Marke Billecart-Salmon gerade steil bergauf, um den Jahrtausendwechsel durchbrach man die Schallmauer von einer Million Flaschen. Da kam der überraschende Erfolg bei der Stockholmer Blindverkostung gerade im rechten Moment. Heute kratzt das Unternehmen sogar an der Zwei-Millionen-Schwelle, was den Roland-Billecarts aber gar nicht so lieb ist. Mittelfristig wäre es ihnen wichtiger, die Preise für ihre Champagner zu verbessern, insbesondere durch einen forcierten Verkauf der Prestige-Cuvées. Privat ist François Roland-Billecard, 67, mit zwei großen Passionen ausgestattet: Zum einen ist er ein großartiger Schachspieler, der schon manches Simultanturnier gewonnen hat, zum anderen hat er ein besonderes Faible für den Golfsport. Mit einem einstelligen Handicap hält er auch jüngere Gegner spielend in Schach.
Seit der ehemalige Sommelier Eric Calzolari als Deutschland-Agent für Billecart tätig ist, läuft hier vor allem das Gastronomie-Geschäft wie am Schnürchen. Zu besten Zeiten gingen gut einhundertzwanzigtausend Flaschen nach Deutschland, seit der Finanzkrise sind es immerhin noch stattliche achtzig- bis hunderttausend im Jahr. In der Traube Tonbach in Baiersbronn ist Billecart-Salmon seit zwanzig Jahren der Haus-Champagner, und auch die Sterne-Köche Helmut Thieltges im Waldhotel Sonnora und Hans-Stefan Steinheuer in Bad Neuenahr-Ahrweiler lassen bevorzugt Billecart-Salmon ausschenken. Inzwischen kann man den edlen Stoff aber auch in allen deutschen Prada- und Tiffany-Stores genießen, sofern man betucht genug ist, sich den Kauf einer Tasche oder eines Schmuckstücks zu leisten. Insgesamt gehen zwei Drittel der Produktion in insgesamt vierundsiebzig Länder der Erde. Neben München und London unterhält Billecart-Salmon auch in New York und Tokio eigene Verkaufsbüros. Dies ist das angestammte Betätigungsfeld von Antoine Roland-Billecart, 53, der gewissermaßen als Außenminister gut zweihundert Tage im Jahr auf Reisen und deshalb mehr und mehr zum Gesicht des Hauses geworden ist. Es macht immer wieder Spaß, sich von dem eloquenten Junior-Chef durch die Kellerei führen zu lassen und seinen charmanten Ausführungen zu folgen. Der Mann hinter den Kulissen heißt François Domi, seit dreißig Jahren Chef de Cave bei Billecart-Salmon. Zuvor war der in Reims geborene Oenologe in einem Weinlabor und im Champagnerhaus Charles Heidsieck tätig. Bereitwillig gibt der schlanke, groß gewachsene Kellermeister Auskunft über seine Arbeit. Und da bei Billecart-Salmon einiges anders gemacht wird als in den meisten Champagnerhäusern, lohnt es sich, ihm aufmerksam zuzuhören: “Die Trauben werden in vierzig Kilogramm fassende Körbe geerntet und am gleichen Tag in drei Kelterhäusern abgepresst, zum großen Teil im Stammhaus in Mareuil sowie in Mailly-Champagne auf der Nordseite der Montagne de Reims und in Broyes bei Sézanne.” In Mareuil wurden die bis vor zehn Jahren noch gebräuchlichen Korbpressen durch drei moderne pneumatische Membranpressen ersetzt, die ein Fassungsvermögen von insgesamt zwanzigtausend Kilogramm aufweisen. “Da kann man ganz anders arbeiten”, zeigt sich François Domi über diese technische Innovation hocherfreut. Um einer unerwünschten Oxidation vorzubeugen, fließt der Traubensaft beim Keltern in ein leicht geschwefeltes Auffangbecken, von wo aus er in Edelstahltanks gepumpt wird. Zu den Besonderheiten der Vinifiktion im Hause Billecart-Salmon zählt, dass sich die Trubstoffe bei Temperaturen zwischen sieben und acht Grad Celsius innerhalb von vierundzwanzig Stunden bestens absetzen. „Bei allen Cuves, die in Mailly und Broyes gepresst werden, wiederholen wir diesen Vorgang sogar noch ein zweites Mal,“ ergänzt Domi. „Wir wollen auf Nummer sicher gehen, dass sich die schwebenden Teilchen tatsächlich sedimentieren.“ Die Methode der sogenannten Passage au froid hatte übrigens Jean Roland-Billecart schon im Jahr 1958 eingeführt, was damals in der Champagne einer Revolution gleichkam. Nach der scharfen Vorklärung erfolgt der Abzug in andere Edelstahltanks in jenem Teil des Kellers, der vor zehn Jahren mit viel Geschmack und ebenso viel Geld hergerichtet wurde. Blinkendes Edelstahl türmt sich in zwei Etagen, wozu der edle Granitboden einen eleganten Kontrast bildet. Nach Zusatz von Champagnerhefen vollzieht sich die alkoholische Gärung bei kühlen 13 Grad; sie dauert drei bis vier Wochen. Normalerweise durchlaufen die Jungweine gleich danach die so genannte Milchsäuregärung, bei der die schärfere Apfelsäure in mildere Weinsäure umgewandelt wird. Man sollte nicht vergessen, dass sich die Champagne am neunundvierzigsten Breitengrad befindet, wo die Trauben nur selten in vollreifem Zustand geerntet werden und meist einen gehörigen Säuregehalt aufweisen. Ausnahmen bilden sehr reife Jahrgänge wie 2000, bei denen François Domi den biologischen Säureabbau von Anfang an blockiert, um den Weinen die Frische zu bewahren.
Weiterhin zählt es zu den Besonderheiten von Billecart-Salmon, dass man der andernorts häufig unterschätzten Rebsorte Pinot Meunier hier einen hohen Stellenwert beimisst, ganz ähnlich wie übrigens auch im Hause Krug. Antoine Roland-Billecart bekennt, dass er diese Rebsorte vor allem deshalb liebt, weil sie den Weinen viel Frische und Frucht beschert. Mit jeweils fünfundvierzig Prozent spielt der Pinot Meunier in den Cuvées Brut Réserve und Extra Brut Réserve deshalb die wichtigste Rolle aller drei Rebsorten. Den Extra Brut gibt es erst seit wenigen Jahren. Antoine Billecart-Salmon erzählt die Geschichte, als der Pariser Sternekoch Guy Savoy 2007 in Mareuil war und sechshundert Flaschen eines Champagners ohne Dosage bestellte, den es bislang im Sortiment des Hauses gar nicht gab. Man erfüllte den Wunsch des prominenten Kunden, der auch seine Pariser Kollegen Alain Passard und Alain Dutournier von der Güte des staubtrocknen Stoffs zu überzeugen vermochte. Heute verkauft Billecart-Salmon von seinem Extra Brut spielend zwanzigtausend Flaschen im Jahr – Tendenz steigend.
Etwas länger zurück datieren die ersten Versuche mit kleinen Eichenholzfässern. Vor zwanzig Jahren kauften die Roland-Billecarts erstmals fünfzig gebrauchte Fässer von der burgundischen Kellerei Louis Jadot. „Nicht um den Weinen einen Holzgeschmack zu geben,“ merkt Kellermeister Domi an, „allenfalls um ihnen eine besondere Würze zu verleihen!“ Heute ist ein separater Kellerraum mit vierhundertfünfzig kleinen Fässern bestückt; hier entsteht die überaus gelungene Cuvée Sous Bois. Interessanterweise ist für den Barriquekeller nicht der Chef de Cave zuständig, sondern Denis Blée, der die Weinbergsarbeit verantwortet. Zu den Trauben aus vierzehn Hektar Eigenbesitz und einhundertvierzig Hektar Pachtfläche kauft Billecart-Salmon Trauben von fünfzig weiteren Hektar ein.
Neben der Nachbargemeinde Ay zählt auch Mareuil zu den Hochburgen des Pinot Noir, doch ist Billecart-Salmon jederzeit auch mit reinsortigen Chardonnays imstande, großartige Blanc de Blancs vorzustellen.
Überdies genießt Billecart-Salmon seit Jahrzehnten den Ruf, zu den besten Produzenten von Rosé-Champagner zu zählen. „Wir machen keinen Rosé“, merkt Antoine Roland-Billecard augenzwinkernd an, „sondern eher einen rosafarbenen Champagner“. Aufgrund des hohen Chardonnay-Anteils komme man in einer Bindprobe nicht automatisch darauf, dass es sich um einen Rosé handelt. Schon sein Großvater Charles produzierte 1954 den ersten Rosé-Champagner, pardon: Champagne rosé. Allzu lange hatte in der Champagne kaum einer an den Rosé geglaubt, was dazu führte, dass die Absatzzahlen im unteren einstelligen Bereich dümpelten. Heute ist Rosé absolut in Mode und erreicht locker einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent. Der jahrgangslose Rosé von Billecart-Salmon erhält vor der Flaschenbefüllung ebenso einen siebenprozentigen Rotweinanteil wie die Prestige-Cuvée Elisabeth Salmon.
Das weiße Gegenstück zu Elisabeth Salmon – die Historie des Hauses lässt kaum eine andere Mutmaßung zu – ist die Cuvée Nicolas François Salmon aus Pinot Noir und Chardonnay. Das Erfolgsgeheimnis dieser beiden Prestige-Cuvées liegt nicht zuletzt in der langen Lagerzeit auf der Hefe, die mindestens neun und zehn Jahre beträgt.
Neben den vielgerühmten Prestige-Cuvées gibt es bei Billecart-Salmon seit dem Jahr 1995 einen weiteren Champagner, der völlig aus dem Rahmen des üblichen Billecart-Sortiments fällt. Es handelt sich um einen hundertprozentigen Pinot Noir, der als Blanc de Noir in der ein Hektar kleinen Monopol-Lage Clos Saint-Hilaire entsteht – ein Schmuckstück von einem Champagner, das allerdings auch preislich neue Horizonte setzt.
Kellermeister François Domi und sein Assistent Florent Nys beginnen schon im Januar mit den Vorverkostungen für die Cuvée-Kompositionen, wozu meist auch der Kollege Denis Blée hinzukommt. Ab Februar präsentieren sie ihre Vorschläge den Brüdern Roland-Billecart und verkosten gemeinsam mit ihnen, bis die beste Lösung gefunden ist. Auf die Expertise ihres Vaters wollen sie hierbei auf keinen Fall verzichten, denn „er hat eine ungeheure Erfahrung“, weiß Antoine Roland-Billecart. Besondere Aufmerksamkeit widmet das Verkosterteam dem Thema Versanddosage. Mit dem so genannten Liqueur d’Expédition wird nicht nur die Süße des Champagners festgelegt, sondern auch der letzte Schliff definiert. „Hier geschieht nichts nach Schema-F“, betont François Domi, „denn jeder Wein bekommt seine individuelle Dosage, die für die jeweilige Cuvée auf der ganzen Welt identisch ist!“
Der Stockholmer Triumph des Jahres 1999 wäre um ein Haar an dem Veto von François Roland-Billecart gescheitert, der eigentlich keine Proben nach Schweden schicken wollte. Nur weil sein jüngerer Bruder Antoine dies quasi hinter seinem Rücken dann doch noch mit handgeschriebenen Etiketten veranlasste, kam es am Ende zu dem phänomenalen Doppelsieg. Richard Juhlin, der Chef der Jury, glaubte, den “monumentalen” 1959er von Billecart blind erkannt zu haben, und gab ihm 99 Punkte. Den zweitplatzierten 1961er hielt er hingegen für den Dom Pérignon aus demselben Jahrgang und apostrophierte ihn in seinen Verkostungsnotizen als denkbaren Sieger der Probe – etwas voreilig.
Erstabdruck in FINE Das Weinmagazin 4|2014